Ev. Stadtkirche Grebenstein
Disposition:
I. MANUAL, HW C-g'''
Bordun 16' |
Principal 8' |
Spitzflöte 8' |
Octave 4´ |
Rohrflöte 4´ |
Octave 2´ |
Mixtur IV-fach |
Trompete 8' |
II. MANUAL, Schwellwerk C-g'''
Gamba 8' |
Gedackt 8' |
Blockflöte 4' |
Nasard 2 2/3' |
Gemshorn 2' |
Terz 1 3/5' |
Quinte 1 1/3' |
Scharff lll-fach 1' |
Oboe 8' |
Tremulant |
Pedal C-f':
Subbaß 16´ |
Principal 8' |
Gedackt 8' |
Octave 4' |
Posaune 16' |
Daten
II/I., I/Ped., II/P.
Beschreibung
Eine Orgel hatte Geburtstag: Am Pfingstmontag 2008 jährte sich die Fertigstellung der Orgel in der Stadtkirche Grebenstein zum 20. Mal. Michael Bosch erinnerte sich gern und dankbar an diese Arbeit, dennn man hatte ihm, dem "jungen" in der Werkstätte seines Vaters diesen Auftrag erteilt, um sein Meisterstück bauen zu können. Er wollte damals neue Wege gehen, dem historischen Werk auch im Neubau mehr Gewicht geben. Diese Orgel hatte auch Einfluss auf das Baukonzept der Sandershäuser Orgelbauer bei ihren weiteren Projekten... Zwei Jahre Forschung, Konzept festlegen, konstruieren, einige Teile bauen und den Klang ausarbeiten hatte das damals für ihn zur Folge. Natürlich wirkten an weiteren Arbeiten seine damaligen Mitarbeiter mit, für einen allein war die Aufgabe zu umfangreich, Orgelbau bleibt Gemeinschaftsarbeit.
Erbauer des ursprünglichen Orgelwerks war der Kasseler Hoforgelmacher Johann Wilhelm Dibelius. Er erhielt im Jahre 1731 den Auftrag, die neue Orgel für die Kirche in Grebenstein zum Preis von 300 Talern zu bauen. Die fast gleichzeitig aus seiner Hand entstehende Orgel für die Karlskirche in Kassel kostete zum Vergleich 265 Taler. Seine Instrumente hatten lediglich ein Manual und Pedal. Mit großer Wahrscheinlichkeit war ein zweites Manualwerk in Grebenstein geplant. Um den wiederzugewinnenden, historischen Teil und die Neuschöpfung bewusst voneinander zu trennen, wurde daher das neu geschaffene zweite Manualwerk schwellbar zurückliegend hinter dem ursprünglichen Gehäuse angeordnet.
Die beeindruckende Prospektfront mit Einteilung in Hauptwerk und Pedalwerk ist erhalten. Ähnlich wie sein Zeitgenosse Stephan Heeren aus Gottsbüren arbeitete Dibelius sicherlich mit bekannten Holzbildhauern seiner Zeit zusammen. Es ist vermutlich kein Zufall, dass 1731 die Orgel beauftragt wurde, denn der erst 1730 als hessischer Landgraf inthronisierte Friedrich I., damals König von Schweden, besuchte sein Land Hessen wohl das erste und einzige Mal. Als Zeichen weltlicher und geistlicher Macht zieren die schwedische Königskrone Friedrichs I. und eine Darstellung des heiligen Georg den mittleren Prospektturm. Die überkommene Prospektgestaltung des Brustwerks ist eine Zutat aus dem frühen 19. Jhd mit klassizistischen Stilelementen.
Die Orgel hatte ursprünglich eine eigene, Schwalbennestartige Empore über der jetzigen, an deren Rekonstruktion war aber 1988 nicht zu denken. So wurde der Unterbau der Orgel so weit gestreckt, dass die Hauptproportionen des Gehäuses im Raum wieder stimmten. Die richtige Abstrahlhöhe war für den Orgel-Klang entscheidend.
Die Forschung nach Dibelius Schaffen gestaltete sich sehr schwierig, da außer den beiden genannten Orgeln lediglich ein Instrument in Maden (Nordhessen 1746) und eines in Uschlag (Südniedersachsen, 1730) von ihm erwähnt sind. Keines dieser Instrumente ist erhalten. Fotoaufnahmen, vor 1908 aufgenommen (Hess. Staatsarchiv Marburg) sowie ein komplett erhaltener Wellenbrett-Aufriß mit Teilung der Manual-Windlade auf einer Seitenfüllung gaben erste wertvolle Hinweise für den wieder zu gewinnenden Teil der Grebensteiner Orgel.
Das Innenleben der Dibelius-Orgel war 1908 durch ein pneumatisches Orgelwerk ersetzt worden, wobei neben Teilen des Gehäuses noch die besonders wertvollen, weil goldbemalten Prospektpfeifen wieder verwendet worden waren. Diese mussten als letztes klangliches Zeugnis aus Dibelius Hand im 1. Weltkrieg abgegeben werden.
"Ich würde heute an diesem instrument nichts anderes machen als damals, auch wenn wir uns dauernd weiterbilden und neuen Aufgaben um alte Orgeln zu stellen haben", sagte Michael Bosch.